Es war vor einem Jahr, als einige Abenteurer, darunter mutige Kämpfer, stolze Elfen, Magier
und Abenteurer aller Art und Rasse, dem Ruf des Wirtes vom Blauen Bären Folge leisteten
und sich zur Abendstunde bei ihm versammelten.
Der Wirt hatte seit einiger Zeit Probleme mit einer Gruppe von finsteren und lichtscheuen
Gestalten. So kam es, daß die Gruppe, kaum am Wirtshaus angekommen, schon über die
ersten Halunken stolperte, die gerade nach erfolgreicher Randale fluchtartig den Blauen
Bären verließen. Pfeile surrten durch die Luft und die Krieger stürzten sich mit
markerschütterndem Brüllen auf die völlig zurecht verängstigten Gesellen. Der Kampf war
vorüber, noch ehe einer der Magier einen seiner Zauber wirken konnte. Es war seltsam, irgend
etwas störte deren Konzentration...
Während man die Überlebenden fesselte, wurden die Abenteurer auf den Himmel
aufmerksam; Blau.
Trotz vorgerückter Stunde, die Sonne sollte in etwa einer Stunde untergehen, war heute der
Himmel blau, mit einem fast metallischen Schimmer, tatsächlich ein bißchen wie ein Stück
gehämmertes Eisen, in dem man bei genauem Hinsehen sogar noch das Muster erkennen
konnte, das der Hammer des Schmieds hinterlassen hatte. Auch der Farbton war seltsam: Blau
mit einem Stich ins Indigo, zugleich aber mit einem Hauch von Grün - eine Farbe, wie sie die
Gruppe von Abenteurer noch nie zuvor im Leben gesehen hatte, und mit ziemlicher Sicherheit
außer ihnen auch noch kein anderer Mensch auf dieser Welt. Abgesehen von den acht
Halunken in ihrer Mitte, selbstverständlich.
Die Abenteurer lösten ihren Blick von dem Flecken sonderbarer blauer Helligkeit im Norden
und brachten die Halunken zum Wirtshaus zurück, wo man sie in einen Stall sperrte. Dann
wurden die Wachen ausgelost, die sofort vor dem Stall Posten bezogen. Die anderen setzten
sich gemütlich ins Wirtshaus, um bei einem guten Tropfen Met, für den der Blaue Bär
bekannt war, ein wenig den Sorgen des Alltags zu entfliehen. Doch nun ließ sie der Anblick
des Himmels nicht ruhen. Sie wußten nicht, was es war, aber in einem waren sie sich einig: Es
war etwas... Unnatürliches, das nicht an den Himmel gehörte.
Eine eigenartige Gestalt betrat den Raum. Sie war schlank und hochgewachsen. Unter einer
alten Kapuze an der die armseligen Fetzen eines Mantels hingen, schaute ein altes,
wettergegerbtes Gesicht hervor. Die Abenteurer fragen den Mann mißtrauisch, wer er sei und
dieser antwortete: "Ich bin ein Seher und ein Wanderer! Ich ziehe durch die Welt und suche
die Wahrheit."
Die Abenteurer steckten die Köpfe zusammen und tuschelten aufgeregt, bis Calador fragte:
"Was wißt ihr über das seltsame Licht?" Der Seher deutete verheißungsvoll gen‘ Himmel und
sagte: "Ferumbras."
"Ferumbras?" schallte es im Chor. "Was bedeutet das?"
"Der Gott des Feuers und des Donners schickt sich an, auf die Erde herabzusteigen. Das Licht
kündigt sein Nahen an."
Das Chaos war perfekt. Alles lief wild durcheinander und versuchte irgend etwas genaueres
zu erfahren. Jeder rannte kopflos durch den Raum und versuchte Ordnung in das Gehörte zu
bringen. Dann rief die Elbin Muriel: "Ruhe, hört ihr das nicht?"
Alles lauschte angespannt. Es verging noch einmal Sekunden, in denen sie nichts hörten,
außer ihrem Atem und den vielfältigen Geräuschen der Natur. Doch dann hörten sie ein
feines, an- und abschwellendes Singen; ein Geräusch von sphärischer Klarheit, wie sie es nie
zuvor im Leben gehört hatten. Instinktiv sahen sie zu dem Hund hin. Das Tier hatte den Kopf
gehoben und die Ohren gespitzt. Er hörte es ebenfalls. Er zitterte.
"Was ist das?" rief Methesar alarmiert. "Er kommt!" antwortete der Seher.
Das unheimliche Singen und Heulen schien seine Lautstärke schlagartig zu verzehnfachen,
so daß die Abenteurer schmerzhaft das Gesicht verzogen und die Hände gegen die Ohren preßten.
Der Seher schrie über den Lärm hinweg: "Bringt euch in der Höhle zwei Kilometer südlich in
Sicherheit! Und macht schnell, wenn das Feuer kommt seid ihr verloren!"
Gleichzeitig wurde das heulende Geräusch immer lauter und lauter. Es kam nicht vom
Himmel oder überhaupt aus irgendeiner bestimmten Richtung, sondern schien einfach da zu
sein. Ein schriller, allumfassender Laut, der längst nicht mehr faszinierend und sphärisch war,
sondern einfach nur noch qualvoll. Er ließ sich nicht aussperren, obwohl sie die Hände auf die
Ohren preßten. Das Geräusch war immer noch da, in ihren Köpfen, ihren Knochen und in
ihren Zähnen, als hätte die ganze Welt angefangen vor Schmerz zu schreien und als kreischetn
ihre Körper aus Sympathie mit.
Sie packten ihre Sachen im vorbeilaufen zusammen und rannten geschlossen hinter dem
Seher in Richtung Süden her. Trotz seines hohen Alters legte dieser ein enormes Tempo vor.
Das Heulen wurde lauter. Jeder Knochen in ihren Leibern vibrierte. Es tat furchtbar weh.
Es waren noch einige Schritte zur Höhle! Der Himmel flackerte. Alles färbte sich blau, indigo
und grün und etwas ganz und gar unvorstellbares geschah: In diesem Moment, in jenem
winzigen, zeitlosen Augenblick, stürzte der Himmel auf die Erde. Ferumbras kam.
Der Feuergott erschien in einer Lohe aus blauem und dann unerträglich weißem, grellem
Licht, das die Welt hinter ihnen von einem Horizont zum anderen verschlang, einfach
auslöschte. Der Berg, der dort mal war, die Bäume und Büsche darauf und das Wirtshaus
dazwischen wurde zu tiefenlosen schwarzen Scherenschnitt-Silhouetten reduziert. Im
nächsten Sekundenbruchteil wurden sie beinahe transparent. Diesen Anblick werden die
Abenteurer nie wieder in ihrem Leben vergessen können.
Dann explodierte die Welt. Die Abenteurer sahen, wie der Wald auf dem Berg hinter ihnen
auf dem Berggrad aufflammte, wie ein einziges trockenes Stück Papier. Er begann nicht zu
brennen, sondern verwandelte sich von einer Millionstelsekunde zur anderen in eine einzige
weiße Flammenwand, die in der plötzlich unbewegten Luft nahezu senkrecht nach oben
loderte. Gras, Laub und trockene Tannennadeln auf dem Hang begannen zu schwelen,
flammten hier und da auf und ein unsichtbarer glühender Hauch berührte Ihr Gesicht,
versengte ihre Augenbrauen und verbrannte ihre Haare. Die Kleidung der Gruppe fing an zu
schwelen. Sie spürten, wie die ungeschützte Haut in ihren Gesichtern und Händen rissig
wurde und Blasen schlug.
Die Bäume oben auf dem Berggrad zerfielen zu Asche. Das Unterholz löste sich in einer
leuchtenden Säule aus Licht auf und dazwischen, am Fluß, sah man die brennenden Umrisse
des Wirtshauses. Es war vollkommen still. Dies geschah in einer einzigen, nicht enden
wollenden Sekunde.
In der zweiten erlosch das Schweigen. Die Gruppe schrie auf, und stürmte in die Höhle. Dann
hörten sie ein dumpfes, vibrierenden Grollen, einen Laut wie von einer Lawine. Die Erde
bebte und das Licht hinter dem Berg war noch immer so unerträglich hell, daß es mühelos
durch ihre geschlossenen Lider drang und sie die Knochenstruktur ihrer Hände wie die Finger
eines Skeletts vor den Gesichtern erkennen konnten. Lärm, Lärm unvorstellbarer Lärm schlug
über ihnen zusammen, löschte ihre Schreie aus, ließ ihre Schädel vibrieren und ihre Zähne
tanzen und der Boden unter ihnen begann sich zu winden wie eine lebende Kreatur, die
Höllenqualen litt.
Das geschah in der zweiten Sekunde. Sie war kürzer als die erste, aber ungleich schrecklicher.
Und doch war sie nichts gegen die dritte.
Die Druckwelle, die dem Schall mit nahezu gleicher Geschwindigkeit folgte, traf den
Berggrat und nur den Bruchteil einer Sekunde später das Gelände am Flußufer, wo das
Wirtshaus stand, mit der Wucht eines Hammerschlags. Die Flammen erloschen. Was von den
Bäumen und Sträuchern noch stehen geblieben war, wurde einfach davon gewirbelt und in der
Luft zerfetzt. Praktisch gleichzeitig wurden die Abenteurer, der Wirt und der Seher von ihren
Füßen gerissen und davon geschleudert. Sie überschlugen sich drei-, viermal in der Luft, ehe
sie mit vernichtender Wucht kreuz und quer an die Höhlenrückwand krachten. Doch auch über den
unvorstellbaren Lärm hinweg hörte man das Knacken, welches entstand, als sich der Seher beim
Aufschlag auf die Höhlenrückwand das Genick brach.
Die Druckwelle raste mit unvorstellbarer Geschwindigkeit über das Land, eine Mauer aus
Staub und zum Teil kopfgroßen Steinen vor sich her schiebend, peitschte das Wasser des
Flusses auf und setzt ihr Vernichtungswerk auch am jenseitigen Ufer mit ungebrochener Kraft
fort. Vom Wirtshaus war nichts mehr zu sehen. Die Sturmfront raste über den Fluß hinweg
und vernichtete auch drüben alles, worauf sie traf. Doch in ihrem Gefolge kam keine noch
größere Vernichtung, sonder das Gegenteil: Von einem Sekundenbruchteil auf den anderen
kehrte eine fast unheimliche Stille ein, ein Schweigen, das um so tiefer schien, als die Ohren
der Gruppe von dem Lärmorkan so gut wie taub waren.
Trotzdem versuchten sie sich benommen und ungeschickt aufzurichten. Ihre Arme hatten
keine Kraft. Sie knickten in den Ellenbogen ein, fielen schwer wieder zurück und prallten so
schmerzhaft mit den Gesichtern oder den Hinterköpfen gegen die heiße Felswand, daß sie
erneut einen Moment lang benommen liegen blieben. Dieser Umstand rettete ihnen das
Leben, denn in diesem Augenblick raste eine zweite Druckwelle über den Berg, zehnmal so
schnell und zehnmal so zerstörerisch als die erste. Für einen Sekundenbruchteil wurde es
dunkel, als hätte der Sturm selbst das Licht vom Himmel gefegt. Die Menschen in der Höhle
fühlten sich von einer unsichtbaen, aber unvorstellbar starken Hand gepackt und mit
grausamer Kraft gegen den Boden gedrückt. Die Luft wurde ihnen nicht aus der Lunge
gepreßt, sondern gerissen, denn die Druckwelle raste mit solcher Gewalt über die Höhle
hinweg, daß sie ein Vakuum hinterließ. Dann prasselte ein Hagel aus Steinen, Felstrümmern
und heißer Erde vor der Höhle herab. Tödliche Geschosse die, wenn man da ungeschützt
darin gestanden hätte, einen schwer verletzen oder gleich umgebracht hätten.
Die Gruppe wußte nicht, wie lange es dauerte, bis sich die aus den Fugen geratene Welt
wieder so weit beruhigte, daß sie es wagen konnten, die Köpfe zu heben und aus tränenden
Augen in die Runde zu blinzeln. Nicht lange. Seit der Himmel explodiert war, konnten kaum
mehr als fünf Sekunden vergangen sein, aber der Orkan hatte ihr Zeitgefühl ebenso davon
gewirbelt, wie die zentnerschweren Felsen am Flußufer; sie wußten nicht mehr, ob sie drei
Sekunden oder drei Stunden dagelegen hatten.
Die Welt hatte sich nicht nur verändert - sie war vollkommen anders. Der Wald oben auf dem
Berggrad war verschwunden, als hätte jemand deine riesige Sense genommen und ihn einfach
abgemäht. Der Hang war schwarz, in einer einzigen Sekunde von dem höllischen Hauch
verkohlt, der auch ihr Gesicht und ihre Haare verbrannt hatte. Aber hier und da gab es auch
gerade weiße Streifen aus Asche, als wären Klingen aus versengendem Licht vom Himmel
herab gefahren und hätten die Asche noch weiter verbrannt, bis nur noch weißer Staub lieb.
Das Muster aus Felsbrocken und Steinen hatte sich radikal verändert; die Druckwelle hatte
alles davon gefegt, was weniger als eine Tonne wog. An zahllosen Stellen schwelte der Boden
und hier und da brannte es. Die Abenteurer starrten vollkommen gebannt nach Norden, bis
auf den tiefsten Grund ihrer Seele erschüttert und zugleich fasziniert von dem Anblick, der
sich ihnen bot.
Das gleißende Licht jenseits des Berges war erloschen. Wo es gewesen war, wälzte sich ein
ungeheuerlicher, brodelnder Pilz aus orangeroten und gelben Flammen in den Himmel.
Kilometerhoch und von einer brutalen Schönheit, die etwas in ihnen abstieß aber zugleich in
ihren Bann schlug. Der Himmel dahinter war schwarz. Eine Dunkelheit von einer Tiefe, wie
sie sich sie vorher nicht einmal hatten vorstellen können: Der Feuerpilz hatte alles Licht der
Welt an sich gezogen und den Himmel ausgelöscht. In diesem Moment fegte eine dritte
womöglich noch verheerendere Druckwelle heran.
Sie kam aus der entgegengesetzten Richtung und sie traf die Landschaft mit der Gewalt eines
Hammerschlags, nur in der Höhle war die Wucht etwas geringer. Sie riß die Abenteurer aber
trotzdem von ihren Füßen und wirbelte sie erneut meterweit durch die Luft, ehe sie mit
grausamer Wucht gegen die Felsen geschleudert wurden. Als die Abenteurer sich erneut
aufrafften und zum Höhleneingang krochen, sahen sie, daß der Feuerpilz verschwunden war,
doch der Himmel hinter dem Berg war nicht leer. An der Stelle des lodernden Fanals erhob
sich jetzt ein kilometerhoher grauweißer Pilz aus Rauch; eine Säule, dick wie eine Stadt und
hoch, daß sie das Firmament zu berühren schien.
Nachdem die Rauchwolke verschwunden war, was eine Zeitlang dauerte, die die Abenteurer
netzen, um sich zu erholen, setzten sie sich zusammen und berieten, was jetzt zu tun sei.
Sie beschlossen, diesem mysteriösen erscheinen des Feuergottes Ferumbras auf den Grund zu
gehen. Und so entstand die Gemeinschaft vom Feuersturm. Jeder der Gemeinschaft zieht
heute seiner Wege, doch oft trifft man sich, um Neuigkeiten auszutauschen, bei Gefahr den
anderen beizustehen und zu helfen, oder wieder einmal ein gemeinsames Abenteuer zu
bestenen.
Es ist schön zu wissen, daß man Freunde hat: Die Gemeinschaft vom Feuersturm.
Anmerkung des Autors:
Dies ist nur eine Vorabversion der Geschichte. Sie soll noch erweitert werden und mehr auf die
einzelnen Charaktere eingehen, wie zum Beispiel Ebesch, der zwischen der 18. und 19. Druckwelle
noch mal schnell seine Rüstung repariert, oder die Entdeckung von Inge, der alten Mumie... Und
ein paar Bildchen zur Auflockerung wären auch nicht schlecht...